Segen und segnen in der Heiligen Schrift

 

Der Begriff des Segens begegnet im AT am hŠufigsten in Gen 12-50 und in den Rahmenkapiteln des Deuteronomiums.

Der Segen manifestiert sich auf verschiedene Weise: 1. Er ist Kraft der Fruchtbarkeit; so ist z.B. Segen in Gen 1,22.28 gemeint: ãGott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch...Ò. So wird der Segen vor allem verstanden in den Patriarchengeschichten; er ist das Hauptmotiv in den Abrahamsgeschichten. Immer wieder begegnet die Verhei§ung der Vermehrung der Nachkommenschaft ãwie die Sterne am Himmel...Ò.

Reichliche Nachkommenschaft ist das eigentliche Gesegnet-Sein. Der Segen ist gleichbedeutend mit dem Weiterbestehen der Familie; dann ist der Mann, das Haupt der Familie gesegnet. 2. Der Segen ist dann im weiteren Sinn auch Fruchtbarkeit auf dem Feld und in der Herde. 3. Der Segen kann dann noch weiter gedacht sein als Erfolg im Krieg, in der Besiegung der Feinde.

Ein Mann,  er den Segen in sich hat, ist barukh, voll von berakha. Von ihm strahlt Kraft nach allen Seiten hin aus. Aber diese Segenskraft wirkt sich nicht blo§ im Kšrperlichen, sondern auch im Geistigen aus; so ist dann z.B. Weisheit dasselbe wie Segen, die Kraft zu erfolgreichem Wirken. Ein Kšnig muss mit dem grš§ten Segen gesegnet sein, weil das ganze Volk seinen Segen von ihm ableiten muss (vgl. 1 sam 16,18). David ist das Muster eines gesegneten Kšnigs. Um den Segen geht es im Konflikt zwischen David und Saul.

Der Akt des SEGENS (berekh) bedeutet, dem anderen Segenskraft mitzuteilen. Wer einen anderen segnet, gibt ihm etwas von der eigenen Seele. Ein  Verkehr der Menschen untereinander ist unmšglich ohne Segen. Wenn Leute einander begegnen, so segnen sie einander.

Das GrŸ§en, das ja der Herstellen oder BestŠtigen seelischer Gemeinschaft ist, ist darum eigentlich gleichbedeutend mit Segen. Wenn Freunde sich – voneinander Abschied nehmend – trennen, segnen sie einander, um die Freundschaft zu befestigen. Wenn im Buch der Richter (cap. 6) Gideon den Gru§ des Gottesboten mit den Worten empfŠngt: ãJahwe ist mit dir!Ò, so ist das eigentlich ein anderer Ausdruck fŸr Segen: Gideon ist ein Gesegneter, weil die Kraft Gottes in ihm ist.

Gro§e ZusammenkŸnfte, ob kultisch oder nicht, mŸssen notwendig mit einem Segen schlie§en, so dass jeder einzelne die Kraft der Gemeinschaft mit sich zu nehmen vermag.

Der Segen und das Segnen machen einen Wesensbestandteil des im AT Geschehenden aus.

De Segen im Neuen Testament:

Das NT knŸpft im Gebrauch und VerstŠndnis von Segen an das AT an.

Das im NT fŸr Segen und Segnen gebrauchte griechische Wort  begegnet im NT 68mal, davon entfallen 40 Stellen auf den Gebrauch des Wortes im Sinn von loben, preisen, fŸr Segen bleiben 28 Stellen, also nicht sehr viele.

In den Evangelien wird erzŠhlt, dass Jesus

1. Die Kinder segnete (Mk 10,13ff

2. bei der Mahlzeit den Segen sprach (Mk 6,41 par)

  3. beim Letzten Abendmahl das Segenswort sprach (Mk 14,22 u. par; 1 Kor 10,16)

4. bei der Himmelfahrt seine JŸnger segnete, ehe er entschwand (Lk 24,50f)

5. seine JŸnger mahnte: ãSegnet, die euch verfluchen!Ò (Lk 6,28)

6. seine JŸnger aussendete mit dem Auftrag zum Segensgru§ (Mt 10 par) Nach dieser Stelle ist das Wirken des Segens wesentlich an dem beteiligt, was die JŸnger in ihrem Botendienst auszurichten haben.

In der Apg wird von Gru§ und Segen der Apostel bei ihrem Kommen und Fortgehen so berichtet, dass diese (nŠmlich Gru§ und Segen) aus dem berichteten Geschehen nicht fortzudenken sind. Dasselbe gilt auch fŸr Gru§- und Segensworte in den Apostelbriefen.

Das Bewusstsein, dass Christus nicht nur der Rettende sondern auch der Segnende ist, zeigt sich in der Darstellung Christi in der bildenden Kunst durch die gesamte Kirchengeschichte hindurch von den frŸhesten Christusdarstellungen an bis zu denen des. 19. u. 20. Jahrhunderts: der segnende Christus ist in allen Epochen neben dem gekreuzigten Christus dargestellt worden.

 

Was das ALTE TESTAMENT vom Segen sagt:

  1. Wann segnet man? Die AnlŠsse der Segenshandlung sind BegrŸ§ung, Hochzeit, vor dem Sterben, bei Regierungsantritt, bei der gottesdienstlichen Handlung usw.
  2. Wie vollzieht sich der Segen?  Der Segen besteht in Wort und Handlung; die verschiedenen Handlungen und Formen des Segnens im AT
  3. Was ist der Inhalt des Segens? Segen ist Lebensmacht, Segenssteigerung, Fruchtbarkeit
  4. Wer empfŠngt solchen Segen? Gott segnet Menschen, alles andere segnet er nur um der Menschen willen; ErwŠhlung und Segen gehšren eng zusammen.
  5. Wer segnet? Gott ist der Segnende; sein Name gibt erst allem Segen Kraft. Menschen bedŸrfen zum Segnen einer besonderen ErmŠchtigung. Die Segenspendung wird dann zum Privileg der Priester.

Wir mŸssen uns vorstellen, dass im Reden von Segen sowohl im AT wie im NT die Erinnerung an einen Vorgang bewahrt wird, der einmal ein Zentralvorgang der Religion war. Dann wird deutlich, dass es ich beim Reden vom Segen in der Bibel nicht um irgendetwas handelt, was es am Rand der biblischen Botschaft halt auch noch gibt, sondern um etwas, was einst fŸr die Religion von umfassender Bedeutung war.

 

Die Institution des Priestersegens im AT

Die Einsetzung des priesterlichen Segens wird uns in der Priesterschrift Numeri 6,22-27 so berichtet:

ãJahwe redete mit Mose und sprach: ãRede mit Aaron und seinen Sšhnen und sprich: So sollt ihr zu den Israeliten sprechen, wenn ihr sie segnet:

 JAHWE SEGNE DICH UND BEH†TE DICH!

JAHWE LASSE SEIN ANTLITZ †BER DIR LEUCHTEN UND SEI DIR GN€DIG!

JAHWE ERHEBE SEIN ANGESICHT AUF DICH UND GEBE DIR FRIEDEN!

Wenn sie so meinen Namen auf die Israeliten legen, will ich selbst sie segnen.Ò

Diese Einsetzung des priesterlichen Segens setzt die feste Institution des Kultes, das Heiligtum, die legitimierte Priesterschaft (Aaron und seine Sšhne) und die feste Verbindung dieser kultischen Institution mit der Geschichte der Taten Gottes an Israel (in der Gestalt des Mose) voraus. Es ist die Institution der Segnung der Gemeinde durch den Priester, wie wir sie aus vielen Psalmen und anderen Stellen des AT kennen, etwa aus Ps 118,26: ãWir segnen euch vom Hause des Herrn her!Ò so ist der Priestersegen tatsŠchlich im Wesentlichen unverŠndert von seiner Einsetzung an durch die Geschichte des altisraelitischen Gottesdienstes, des nachexilischen Tempel- und Synagogengottesdienstes hindurch in den christlichen Gottesdienst hinŸbergegangen und hat in ihm bis auf den heutigen Tag seinen Ort.

Die entscheidenden ZŸge, die in der Einsetzung des priesterlichen Segens fŸr ihn festgelegt sind, kšnnen so gefasst werden:

  1. Das eigentliche Subjekt des Segens, der in der Segenshandlung des Priesters eigentlich Handelnde ist GOTT (Jahwe)
  2. Der Segensvorgang besteht aus Wort und Handlung.
  3. Im Segen geht es um die freundliche Zuwendung Gottes zu denen, die den Segen empfangen.
  4. Der Segen hat seinen eigentlichen Ort bei der Entlassung der Gemeinde am Ende des Gottesdienstes. Der Segen soll mit denen, die ihn empfangen, in ihr Leben, das sie au§erhalb des Gottesdienstes leben, mitgehen.

An diesen GrundzŸgen des Segensvorganges hat sich eigentlich seit seiner Einsetzung nichts geŠndert.

Die Institution des priesterlichen Segens spiegelt sich in vielen Psalmen, die vom Erteilen und Empfangen des Segens sprechen: Die Priester segnen eine Gemeinde (Ps 115,14f; 118,26; 129,8; 134,3)

Der Segen im Deuteronomium:

WŠhrend der Segen, wie er in Numeri 6 formuliert ist, vorwiegend ãgeistlichÒ klingt (Gottes  Gnade, das Leuchten des Angesichtes Gottes), wird im Deuteronomium der dort gemeinte Segen so ãweltlichÒ, so diesseitig entfaltet, wie das nur mšglich ist:

Deut 17,13-16: ãEr wird dich lieben und dich mehren und dich segnen. Segnen wird er die Frucht deines Leibes und die Frucht deines Ackers, dein Getreide, deinen Most und dein …l, den Wurf deiner Rinder und den Zuwachs deines Kleinviehs, in dem Land, das Jahwe deinen VŠtern geschworen hat zu gebenÒ (Ganz Šhnlich Deut 28,3-6)

Segen ist hier also die Kraft des Wachsens, Kraft der Fruchtbarkeit, Kraft des Gedeihens, wie sie sich an einem gesunden Volk in einem fruchtbaren Land auswirkt. Und zwar ist es hier wie an vielen anderen Stellen die dreifache Fruchtbarkeit: die des Leibes, die des Ackers und die des Viehs. Als diese Kraft der dreifachen Fruchtbarkeit ist der Segen vom Volk Israel verstanden worden, seit es nach dem Sesshaftwerden als ein Bauernvolk in Kanaan lebte. Die auffallende Diesseitigkeit des SegensverstŠndnisses im Deuteronomium gehšrt beachtet.

Das Reden vom Segen im Deuteronomium hat aber noch einen auffŠlligen Zug an sich: es wird vom Segen durchweg als einem bedingten, in BedingungssŠtzen geredet: der Segen wird an den Gehorsam des Volkes gebunden.

Deut 7,12f:          ãDafŸr, dass ihr diese Satzungen anhšrt, sie haltet und danach handelt, wird Jahwe, dein Gott, den Bund halten und die Huld bewahren, die er deinen VŠtern zugeschworen hat.

Und er wird dich lieben und dich segnen und dich mehren. Er wird segnen die Frucht deines Leibes und die Frucht deines Landes, dein Korn, deinen Wein und dein …l, den Wurf deiner KŸhe und die Zucht deiner Schafe in dem Land, von dem er deinen VŠtern geschworen hat, dass er des dir geben wolleÒ.

Diese Bindung des Segens an den Gehorsam des Volkes, die durch das ganze Buch Deuteronomium stŠndig wiederholt wird, ist fŸr den Begriff des Segens von grš§ter Bedeutung. An ihr zeigt sich nŠmlich, dass der Segen ein Bestandteil des Bundes zwischen Gott und dem Volk geworden ist. Gott hŠlt seinen Bund mit Israel darin, dass er es segnet; das erfordert aber das Halten des Bundes auch durch das Volk.

Weil der Segen an den Gehorsam des Volkes gebunden ist, bleibt neben dem Segen die Mšglichkeit des Fluches. Vor Israel stehen beide Mšglichkeiten; Segen oder Fluch; davon ist in Deut 27 und 28 Deut 28,1ff: ãWenn du der Stimme Jahwes, deines Gottes, getreulich gehorchst, indem du all seine Gebote, die ich dir heute anbefehle, gewissenhaft beobachtest, so erhebt dich Jahwe, dein Gott, hoch Ÿber alle Všlker der Erde und Ÿber dich kommen all die nachfolgenden Segnungen und treffen bei dir ein, wenn du auf die Stimme Jahwes, deines Gottes, hšrst. Gesegnet bist du in der Stadt und gesegnet auf dem Felde. Gesegnet sind die Frucht deines Leibes, die Frucht deines Bodens, die Frucht deines Viehs, der Wurf deiner Rinder und die Tracht deiner Schafe. Gesegnet sind dein Brotkorb und deine BackschŸssel. Gesegnet bist du wenn du kommst, und gesegnet bist du, wenn du gehst...

Wenn du aber der Stimme Jahwes, deines Gottes, durch gewissenhafte Beobachtung all seiner Gebote und Bestimmungen, die ich dir heute anbefehle, nicht gehorchst, so kommen all die nachfolgenden FlŸche Ÿber dich und treffen dich: Verflucht bist du in der Stadt und verflucht auf dem Felde. Verflucht sind dein Brotkorb und deine BackschŸssel. Verflucht sind die Frucht deines Leibes und die Frucht deines Bodens, der Wurf deiner Rinder und die Tracht deiner Schafe. Verflucht bist du, wenn du kommst, und verflucht bist du wenn du gehst. Jahwe entsendet wider dich den Fluch, die BestŸrzung und die VerwŸnschung bei allem Schaffen deiner HŠnde, was du auch immer tust, bis du gar schnell vernichtet zugrunde gerichtet bist ob der Bosheit deiner Taten, durch die du mich verlassen hast...Ò